CD 9 Gioacchino Rossini Alterssünden

CD 9 Gioacchino Rossini Alterssünden, op. 111

GIOACCHINO ROSSINI

Album Français Péchés de Vieillesse

 

1 Toast pour le nouvel an • Chœur Soprani, Contralti, Ténors, Basses 2:09

2 Roméo Ténor et Piano 3:47

3 Le Grande Coquette • Ariette Pompadour Soprano et Piano 4:50

4 Un sou • Complainte à deux voix Ténor, Baryton et Piano 4:53

5 Chanson de Zora • La petite bohémienne Mezzo Soprano et Piano 5:56

6 La Nuit de Noël •

 

Pastorale Basse

solo, 2 Soprani, 2 Contralti, 2 Ténors, 2 Barytons, Piano et Harmonium 6:29

7 Le Dodo des enfants Mezzo Soprano et Piano 6:12

8 Le Lazzarone • Chansonette de cabaret Baryton et Piano 3:27

9 Adieux à la vie! • Elégie (sur une seule note) Soprano et Piano 4:15

10 Soupirs et sourire • Nocturne Soprano, Ténor et Piano 4:16

11 L’Orpheline du Tyrol • Balade élégie Mezzo Soprano et Piano 4:22

12 Chœur de chasseurs démocrates

Ténor I, Ténor II, Baryton, Basse, 2 Tambours et Tam-tam 3:08

Morceaux réservés 

13 Ave Maria • Chœur Soprano, Contralto, Ténor, Basse et Orgue 6:37

14 Les Amants de Séville • Tirano pour deux voix Contralto, Ténor et Piano 5:27

15 Le Chant des Titans • 4 fils de Titan, le frère de Saturne Pour quatre voix de Basse de haute Taille soli à l’unisson, Piano et Harmonium 3:37

16 Chant funèbre •

A mon pauvre ami Meyerbeer

Premiers Ténors, Deuxièmes Ténors, Barytons, Basses et Ciasse roulante 3:47

Soprano: Maryse Castets

Mezzo Soprano: Mechthild Georg

Ténor: Jean-Luc Maurette

Baryton: Michel Brodard

Basse: Raimund Nolte

Piaono: Elzbieta Kalvelage

Percussion: Marcel Jorand

Harmonium, Orgue: Christoph Spering

Chorus Musicus

Christoph Spering, Leitung

 

Gioacchino ROSSINI 

Was führt 1829 Rossini zum Entschluss, keine Oper mehr zu schreiben?

Als Wagner im März 1860 bei ihm verweilt, liefert er selbst eine Reihe von Gründen: Alle italienischen Bühnen seien in einen depremierenden Zustand geraten, das Niveau der Gesangskunst habe seit dem Verbot der Kastrate stark nachgelassen und er selbst habe nach einer Zeit großer Strapazen – in der er nahezu vierzig Opern innerhalb von achtzehn Jahren komponierte – das Bedürfnis gehabt sich auszuruhen.

Wie dem auch sei – Rossini bleibt achtundzwanzig Jahre lang quasi untätig. Ständig von Krankheiten geplagt und zeitweise depressiv, wird er so schwermütig und lethargisch, dass er in dieser ganzen Zeit nichts als das Stabat Mater, die Soirdes Musicales [musikalische Abende] und einige kleine Auftragswerke schreibt. V

erzweifelt macht ihm Olympe Pelissier, seine zweite Ehefrau, den Vorschlag, nach Paris zurückzukehren, wo sie geboren war und ihre Jugend verbracht hatte. Es war ein glorreicher Einfall! Bald lebt Rossini wieder auf, und achtzehn Monate später sieht man ihn wieder arbeiten. Die Musique anodine [harmlose Musik], ein Geschenk für Olympe, leitet ein produktives Altersschaffen ein, das nicht weniger als hundertfünfzig Klavierstücke, zahlreiche Melodien, Werke für Vokalensemble und die Petite Messe solennelle [kleine feierliche Messe] umfasst.

Die meisten kurzen Stücke werden an den berühmten Abenden aufgeführt, die Rossini in seiner Pariser Wohnung in der Rue de la Chaussée d'Antin jeden Samstag von Dezember 1858 bis zu seinem Tod (zehn Jahre später) veranstaltet. Komponisten wie Auber, Gounod, Liszt, Meyerbeer, Saint-Saëns und der "schweigsame Verdi" (wie der "Haus"-Pianist Louis Diémer ihn bezeichnet), Diplomaten, Politiker, Sänger und andere Begünstigte gehören zu dem auserwählten Kreis von höchstens zwölf Gästen, die sich dort versammeln, um gute Musik bei feinsten Speisen zu genießen.

Die Péchésdevieillesse vieillesse [Alterssünden], wie Rossini sie bescheidenerweise nennt, sind erst in den späten 1850er Jahren durch Veröffentlichung der "Fondazione Rossini" in dreizehn Bänden bekannt geworden.

Die vorliegende Aufnahme umfasst sämtliche Stücke des zweiten Album franç Album franç Album français [französisches Album] und vier Stücke des letzten Bandes (Morceaux ré Morceaux ré Morceaux réservés [reservierte Stücke]). Sie beginnt mit dem Toast pour le Nouvel An [Toast zum Neujahr], ein feierliches Stück zur doppelten Ehre des Champagner-Weines und der Mutter Gottes, und endet mit dem Chœur final des Chasseurs [Schlußchor der Jäger], der Baronesse von Rothschild gewidmet und anlässlich eines Besuchs Napoleons III. in Schloss Ferrières geschrieben.

Zwei Stücke in lateinischer Sprache zeugen von der Beschäftigung Rossinis mit dem Werk von Johann Sebastian Bach – Rossini bezog ab 1851 die Neue Gesamtausgabe der Bachgesellschaft –, und Le Lazzarone [der Faule] verrät, wie sehr der Komponist auch an geistig weniger anspruchsvollen Sujets Gefallen fand. Die Atmosphäre ist mal frivol (La grande Coquette), mal stürmisch (La petite Bohémienne), melancholisch (Le Dodo des Enfants [der Schlaf der Kinder], für Richard Osborne ein Kindertotenlied), oder voller Trauer wie im virtuosen Adieux à la Vie [Abschied vom Leben] – die Musik ist immer von Rossinis Kunstgeschick geprägt.

Man kann Wagner nur Recht geben, der nach seiner Begegnung mit Rossini erklärte: "Von allen Musikern, die mir in Paris begegnet sind, ist er der einzig wirklich große". Stewart Spencer Stewart Spencer Übersetzung: Marie-Hélène Ricoquier 3 "Rossini at his best", so könnte man die Stücke der "Péchés de vieillesse s de vieillesse s de vieillesse" bezeichnen, die der Komponist mit äußerster Akribie und "délicatesse" am Ende seines Lebens komponierte.

Es ist auffallend, dass er jeweils pro Album zwölf Stücke zusammenfasste, ohne dabei thematische oder besetzungsmäßige Bezüge in den Vordergrund zu stellen. Das hier vorgelegte "Album franç lbum franç lbum français" zum Beispiel reicht vom A-CappellaMadrigal über die Bravour-Arie und die Pastorale bis hin zum Männerchor mit Schlagzeugbegleitung. Das Nebeneinander von ernsten, humoristischen, manchmal sogar sarkastischen Texten schafft ein Œuvre extremer Gefühls- und Ausdruckswerte. Ergänzt wird die Aufnahme durch vier ausgesuchte Perlen aus den "Morceaux Morceaux reserves". reserves Interessant ist dabei die Beachtung der Rossinischen Intentionen – angefangen von teilweise originalen Metronomangaben über die akribisch eingetragenen Artikulationsund Pedalisierungsanweisungen bis hin zu detaillierten Besetzungsangaben.

Natürlich verwenden wir den "romantischen" Flügel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – hier ein Instrument von Erard –, der im unteren Bereich wärmer klingt und viel weichere Klänge im Obertonspektrum zulässt. Auch das Harmonium – ein Pariser Instrument der Gebrüder Alexandre – entspricht in seiner Möglichkeit, "expressiv" zu sein, d. h. crescendo und decrescendo ausführen zu können, genau den Vorstellungen Rossinis.

Die Balance des etwas leiseren Flügels und des kräftigen Harmoniums ergibt sich von selbst. Für die Pastorale fordert Rossini Doppelquartett und Basssolist, für den "Chant des Titans", "…vier erste Bässe mit großem Umfang…", für die "Chasseurs démocrates" wie für den "Chant de Meyerbeer" Männerchor mit Schlagzeugbegleitung. Lediglich im "Toast pour le Nouvel an" haben wir die vorgegebene Besetzung von 8 auf 16 Stimmen erweitert und, wie überliefert, gemischt um das Piano herum aufgestellt, da Rossini bei seinen "samedi soirs" dieses Werk nachweislich mit Chorbesetzung aufzuführen pflegte.

Christoph Spering