Robert Schumann Der Rose Pilgerfahrt_CD Cover 98
Robert Schumann Der Rose Pilgerfahrt_CD Cover 98

CD 8 Robert Schumann Der Rose Pilgerfahrt

CD 8 Robert Schumann Der Rose Pilgerfahrt op. 112, und op. 111

ROBERT SCHUMANN (1810-1856)

Der Rose Pilgerfahrt Märchen nach einer Dichtung von Moritz Horn

Erster Teil

Teil 1

Nr. 1 Die Frühlingslüfte bringen Sopran I, II, Alt 2:33 2

Nr. 2 Johannis war gekommen Tenor, Alt 1:38 3

Nr. 3 Elfenreigen: Wir tanzen, wir tanzen Chor: Sopran I, II, Alt 1:11 4

Nr. 4 Und wie sie sangen Tenor, Rosa, Elfenfürstin, Chor der Elfen (Sopran I, II, Alt) 4:32 5

Nr. 5 So sangen sie Tenor, Rosa 3:02 6

Nr. 6 Bin ein armes Waisenkind Rosa, Martha 0:49 7

Nr. 7 Es war der Rose erster Schmerz Tenor, Rosa, Totengräber 3:23 8

Nr. 8 Wie Blätter am Baum Chor, Rosa, Totengräber, Alt 3:25 9

Nr. 9 Die letzte Scholl‘ hinunterrollt Tenor, Totengräber, Rosa 5:19 10

Nr. 10 Dank, Herr, Dir dort im Sternenland Rosa, Elfenchor (Sopran, Alt) 2:50

 

Zweiter Teil

Nr. 11 Im Haus des Totengräbers Tenor, Rosa, Totengräber 2:09

12 Nr. 12 Zwischen grünen Bäumen Sopran und Alt 0:43 13

Nr. 13 Von dem Greis geleitet Tenor, Totengräber, Rosa, Müllerin 2:14 14

Nr. 14 Bald hat das neue Töchterlein Tenor 1:45 15

Nr. 15 Bist Du im Wald gewandelt Männerchor 2:33 16

Nr. 16 Im Wald, gelehnt am Stamme Alt 1:40 17

Nr. 17 Der Abendschlummer umarmt die Flut Sopran und Alt, Max und Rosa 3:35 18

Nr. 18 O sel’ge Zeit Chor 2:27 19

Nr. 19 Wer kommt am Sonntagmorgen Bass 1:07 20

Nr. 20 Ei Mühle, liebe Mühle Sopran und Alt 1:35 21

Nr. 21 Was klingen denn die Hörner Chor, Sopran-Solo 1:53 22

r. 22 Im Hause des Müllers Chor 2:19 23

Nr. 23 Und wie ein Jahr verronnen ist Tenor, Rosa 4.17 24

Nr. 24 Röslein! Chor 2.40 25

Nachtlied op. 108 8.36

Rosa: Camilla NYLUND, Sopran

Max: Rainer TROST, Tenor

Totengräber: Andreas SCHMIDT, Bass

Elfenfürstin, Martha, Müllerin: Claudia SCHUBERT, Alt

Müller: Jochen KUPFER, Bariton

Anke HOFFMANN, Sopran

Simone KERMES, Sopran

Das Neue Orchester (Konzertmeisterin: Andrea Keller)

Chorus Musicus Köln

Leitung: Christoph Spering

 

Eine Koproduktion von Opus 111 und DeutschlandRadio, Funkhaus Köln.

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW, des Kulturamtes der Stadt Köln, von Kunstkonzepte Köln e.V. und der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein.

 

Der Rose Pilgerfahrt

im April und November 1851 in Düsseldorf geschrieben, ist Robert Schumanns letztes oratorisches Werk, wenn auch nicht übersehen werden sollte, dass er ähnliche Bestrebungen mit der von ihm entwickelten Gattung der Chorballade (Der Königssohn, Des Sängers Fluch, Vom Pagen und der Königstochter und Das Glück von Edenhall) noch weiter verfolgte.

Unter einem unglücklichen Stern stand das zu Beginn des Jahres 1851 in Angriff genommene Projekt eines Luther-Oratoriums, da der 25- jährige Student Richard Pohl als Librettist den weitgespannten Intentionen Schumanns nach einem kraftvoll-volkstümlichen Werk in Händelschem Stil nicht gerecht zu werden vermochte. So musste der Komponist sich mit Kleinerem begnügen, dem biedermeierlich-märchenhaften Entwurf vom »Pilgerrös'chen« des Chemnitzer Justizbeamten und Amateurpoeten Moritz Horn (1814-1874), den er Ende März dieses Jahres zugeschickt erhielt. Bald schreibt er dem Dichter, es seien ihm »schon eine Menge Melodien dazu durch den Sinn gegangen«.

Die weit ausgebreitete und teils »sentimental zerfließende« (G. Dietel) dichterische Vorlage hat Schumann in engstem Zusammenwirken mit Horn in eine kräftig-gestraffte oratoriengemäße Gestalt gebracht. Zudem stammt die entscheidende und überhöhende Schlusswendung vom Komponisten: Hatte Horn sein Epos vom Naturwesen der Rose, die Anteil an menschlicher Existenz und Liebe begehrt und erhält, tragisch enden lassen, so schlug Schumann vor: »Wie wär' es, man ließe nach Rosas Tod einen Engelchor anheben: Rosa würde nicht wieder zur Rose verwandelt, sondern zum Engel [...]. Die Steigerung: Rose, Mädchen, Engel scheint mir poetisch und außerdem auf jene Lehre höherer Verwandlungen der Wesen hinzudeuten, der wir ja Alle so gern anhängen.« So geschah es, und gerade aus dem zart verschwebenden Schlusschor zieht das Werk seine bewegendste Wirkung.

Die Komposition entstand in einem Wurf; sie kann denn auch »vom Formalen her als das geschlossenste Chorwerk des Meisters gelten« (W. Siegmund-Schultze). Bereits am 6. Juli 1851 erfolgte die erste Aufführung, mit der zugleich der etwa 6o Personen fassende Musiksalon im kurz zuvor bezogenen »neuen Logis« der Familie Schumann eingeweiht wurde.

Schumann hatte das Stück als Kammeroratorium lediglich mit Klavierbegleitung entworfen, was ihm »des zarten Stoffes halber auch vollkommen hinreichend erschien« (in dieser Form wurde die Rose während der triumphalen Konzertreise nach Holland 1853 noch einmal aufgeführt) – um es jedoch auch »größeren Kreisen zugänglich« zu machen, schuf er im November 1851 die überaus gelungene Orchesterbegleitung, von der sein erster Biograph Wasielewski meint: »Die feine, geistreiche Instrumentation ist [...] geeignet, den Reiz des Colorits, von dem ein Clavier keine Ahnung gibt, bedeutend zu erhöhen.«

Die öffentliche Uraufführung am 5. Februar 1852 im Geislerschen Saal in Düsseldorf erfolgte »unter großer Theilnahme der ganzen Stadt« und hinterließ »einen sehr freudigen Eindruck«. In der Folgezeit wurde Der Rose Pilgerfahrt zu einem der beliebtesten und volkstümlichsten Werke Schumanns, verblasste allerdings in den letztvergangenen 3 Jahrzehnten, da man nun die »Schwächen, die dem Text zu Lasten gehen« (Siegmund Schultze), über Gebühr betonte, die großen musikalischen Vorzüge jedoch fast vergaß.

Die Wahrheit liegt, wie so oft, »in der Mitten«. Als »Reihe intimer, kleinformatiger Bilder, in denen die musikalische Erfindung oft von textlichen Details angeregt wird« (G. Probst), entbehrt Der Rose Pilgerfahrt dennoch nicht der formalen Zusammenfassung und Steigerung, und die simple Märchenhandlung wird gerade durch den sinnvollen Wechsel der Bilder anziehend.

Musikalische Szenen wie der Elfenreigen (Nr. 3), der Grabchor (Nr. 8), Rosas Gebet (Nr. 1o), der Waldchor mit Hörnerbegleitung (Nr. 15), die Hochzeitsszene (Nr. 21/22) und schließlich der ätherische Engelschor (Nr. 24) werden sich dem Zuhörer unauslöschlich einprägen. Ein Hauch von Jugendlichkeit liegt über diesem spätesten Oratorium Schumanns wie über seinen Kinderszenen, seinem Klavier- und Liederalbum für die Jugend; er macht uns diese Musik lieb und wertvoll.

Bereits zwei Jahre vor Der Rose Pilgerfahrt, in seinem von ihm selbst so genannten »fruchtbarsten [Schaffens-]Jahr« 1849, entstand Schumanns wohl bedeutendstes kürzeres Chorwerk, das Nachtlied op. 1o8. Die Textvorlage stammt von Friedrich Hebbel, den Schumann unter seinen dichtenden Zeitgenossen am höchsten verehrte und dem er den Stoff zu seiner einzigen Oper Genoveva (1847/48) verdankte.

In einer einzigen Novemberwoche des Jahres 1849 skizziert und instrumentiert, am 53. März 1851 in Düsseldorf unter des Komponisten Leitung uraufgeführt, fordert das heute nahezu unbekannte Nachtlied hohe Bewunderung. Dem Dichter Hebbel sandte Schumann 1853 zu seinem Geburtstag ein Exemplar der Partitur, der er »am liebsten [...] ein blasendes und streichendes Orchester sammt Chor mit beilegen [wollte], damit es den Dichter [...] mit seinem eigenen Gesange in holde Träume einsingen könnte«.

Der Biograph Wasielewski sprach von einem »eigentümlich phantastischen, feingestalteten Tonstück« und meinte weiter: »Mit dichterischer Versenkung gibt Schumann uns hier ein farbenreiches Tonbild jener Empfindungen, von denen das Gemüth beim Uebergange vom Tag zur Nacht und zum Schlummer umfangen und bewegt wird.« Die musikalische Form ist ebenso klar wie kühn, mit gewaltiger dynamischer Steigerung und motivischer Rückführung zum Beginn, dem dreistrophigen Gedicht angepasst.

Die Instrumentation mit ihren wunderbar plastischen Holzbläsersoli bis hin zum Schlusstakt ist schlechthin meisterhaft, und wir verstehen Schumanns Bekenntnis, noch kurz vor seinem geistigen Zusammenbruch abgegeben: »Dem Stücke habe ich immer mit besonderer Liebe angehangen.«

Gerd Nauhaus

 

Zu dieser Einspielung

Robert Schumann führte Der Rose Pilgerfahrt zum ersten Mal im Juli 1851 in einem privaten Konzert in seiner Wohnung auf. Damals erklang das Werk in einer kammermusikalischen Fassung mit etwa zwei Dutzend Sängern und Klavierbegleitung. Erst im Jahr darauf stellte er es in einem öffentlichen Konzert vor, nun in seiner instrumentierten Fassung, die dann auch im Oktober 1852 im Druck erschien.

Diese Orchesterfassung des Erstdrucks haben auch wir bei unserer Einspielung verwendet, sozusagen Schumanns Widmungsexemplar an den Düsseldorfer Musikverein. Dabei gilt unser besonderer Dank dem Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf und der Robert-Schumann-Forschungsstelle Düsseldorf für ihre wertvolle Hilfe.

Immer wieder hört man das Verdikt, Schumann hätte seine Kompositionen nicht angemessen instrumentieren können. Dieses Urteil gründet sich oft auf Schwierigkeiten in neuerer Zeit, mit den Instrumenten und Besetzungsverhältnissen der heutigen Orchester ein ausgewogenes Klangbild für Kompositionen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu erreichen, denn in unseren modernen Sinfonieorchestern sind die Streicher den Holzbläsern an Masse überlegen und die Blechbläser an Klangvolumen.

Schumanns Orchestrierung aber basiert auf seinen Erfahrungen mit anderen Instrumententypen und Besetzungszahlen. Führt man Chor-Orchesterwerke wie die Rose und das Nachtlied, die man beide zu seinen gelungensten Schöpfungen zählen darf, mit den leiseren und verschmelzungsfähigeren Instrumenten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts auf, ergibt sich eine ganz und gar natürliche Ensemble-Balance sowohl innerhalb des Orchesters zwischen Streichern, Holz- und Blechbläsern als auch im Wechsel- und Zusammenspiel der Instrumental- und Vokalgruppen.

Am deutlichsten erweist sich das an einem Werk wie der Rose, in der sich eine Klavierfassung zum direkten Vergleich bietet. So hat Schumann die romantische Stimmung des Waldgesangs, den der Männerchor im zweiten Teil anstimmt, in der Ausinstrumentierung denkbar treffend durch das Kolorit des Bläsersatzes von vier Hörnern und Bassposaune unterstrichen.

Und auch die ätherisch anhebende Engelsmusik des Frauenchores, mit der das Werk ausklingt, kann sich nun dank der instrumentalen Farbpalette des Orchesters vor dem inneren Auge des Hörers zum großartigen akustischen Gemälde entwickeln. Schon an diesen beiden Beispielen wird deutlich, um wie viel die Orchesterfassung mit ihrem Kaleidoskop an klangfarblichen Stimmungswerten der Aussagekraft der Klavierfassung überlegen ist, wie Schumann also die Komposition durch seine Orchestrierungskunst weiter verbessert hat.

Ihre Sinnfälligkeit erhält die klangliche Ausgewogenheit einer Interpretation natürlich erst im Zusammenhang mit den adäquaten, vom Komponisten intendierten Tempi. So war es für mich selbstverständlich, in unserer Einspielung den Metronomangaben zu folgen, die Schumann in seiner Druckausgabe mitgeteilt hat.

Christoph Spering