CD 23 LE SUEUR Oratorien Krönung Fürsten der Christenheit Cover
CD 23 JEAN-FRANÇOIS LE SUEUR (1760-1837) Oratorien zur Krönung herrschender Fürsten der Christenheit Cover

CD 23 Le Sueur Oratorien Krönung herrschender Fürsten

CD 23 JEAN-FRANÇOIS LE SUEUR (1760-1837) Oratorien zur Krönung herrschender Fürsten der Christenheit

JEAN-FRANÇOIS LE SUEUR (1760-1837) Oratorien zur Krönung herrschender Fürsten der Christenheit

 

1 Allegro fieramente 4'39

2 Allegro commodo 0'58

3 Moderato religioso 2'03

4 Andantino religioso 4'55

5 In poco lento cum antique caractere 3'47

6 Allegro pomposo 7'20

7 Moderato affettuoso collo stele antico 5'27

8 Allegro commodo 5'46

9 Lento sempre 2'42

10 Allegretto pomposo 3'20

11 Allegro spirituoso 2'37

12 Allegretto 4'39

13 Gracioso affettuoso, ma fieramente 6'10

14 Allegretto, pomposo e noblie 3'40

15 Moderato noblie 4'02

16 Allegro commodo 2'20

 

Chorus Musicus Köln

Das Neue Orchester

Leitung: CHRISTOPH SPERING

 

Der Komponist JEAN-FRANCOIS LE SUEUR, eine der Gallionsfiguren der französischen Musik zwischen Aufklärung und Romantik, wurde in der Picardie geboren. Er erhielt seine musikalische Ausbildung in den „Maîtrise“ genannten Singschulen der Kathedralen von Abbeville und Amiens, bevor er dann, von seinem 18. Lebensjahr an, selbst Kantor in verschiedenen Städten Frankreichs wurde.

Am Vorabend der Revolution öffnet seine Begabung ihm die Türen der nach Versailles wichtigsten " Maîtrise " des Königreiches, der von Notre-Dame in Paris. Seine eigenständige Auffassung von Kirchenmusik zieht von nun an (1786/87) die Aufmerksamkeit des Publikums, gleichzeitig aber auch das Misstrauen des Klerus auf sich, der ihn bald entlassen wird.

Die Revolution zwingt ihn – wie alle anderen Kirchenmusiker auch – zum Schweigen. Alsbald komponiert er Hymnen für die Feste der Republik und wendet sich dem Theater zu, wo er mehrere große Erfolge verzeichnen kann. Seine komische Oper La Caverne von 1793, aufgeführt im Feydeau-Theater, stellt den Triumph des Musiktheaters unter der Schreckensherrschaft, der "Terreur" dar.

Le Sueur, der Bonapartes Aufmerksamkeit und Interesse auf sich gezogen hat, wird bei der Proklamation des Kaiserreichs im Jahre 1804, zum Maître de Chapelle in den Tuilerien ernannt; dieses Amt wird er zur Zeit der Restauration bis 1830 innehaben. Während des Kaiserreichs lässt er seine Oper Ossian aufführen, mit ungeheurem Erfolg. Er wird beinahe so etwas wie ein „Staats-Komponist“ des Regimes.

Von nun an wird er nur noch Musik für das Theater, und vor allem geistliche Musik für die Kapelle der Tuilerien sowie die bedeutenden Zeremonien schreiben, die das Hofleben Napoleons, wie auch das von Ludwig dem XVIII. und Karl dem X. umrahmen. 1804 übernimmt Le Sueur die Leitung des musikalischen Teils der Krönungszeremonien Napoleons in Notre-Dame. Hauptbestandteile des musikalischen Programms sind eine Messe und ein Te Deum, die vom Italiener Paisiello eigens hierfür komponiert wurden.

Le Sueur komponiert einen Krönungsmarsch für den Einzug der Herrscher in die Kathedrale und einige kurze Stücke als Hintergrund zu einzelnen, genau definierten Momenten im Ablauf der Zeremonie. Als Karl der X., der letzte Bourbonenkönig, den Thron besteigt, liegt die Leitung der Chapelle Royale der Tuilerien in den Händen Le Sueurs und Cherubinis.

Beide sind mit der Ausgestaltung des musikalischen Teils der prunkvoll angelegten Krönungsfeierlichkeiten beauftragt; es sieht aus, als wolle die französische Monarchie, ihren Sturz vorausahnend, noch ein letztes Mal eine mehrere Jahrhunderte alte Zeremonie mit höchstem Glanz zelebrieren. Le Sueur schrieb drei Oratorien, die sogenannten Krönungsoratorien, die sein letztes großes Werk sein sollten.

Zu diesem Zeitpunkt ist Le Sueur, der seit dem Ende des „Ancien Régime“ mit seinen Kompositionen große Erfolge, sowohl in der Kirche als auch auf der Bühne verzeichnen konnte, bereits 65 Jahre alt. Die von ihm komponierten Stücke waren dazu bestimmt, einzelne Momente im Ablauf der vormittäglichen Krönungsfeier, wie den Einzug der Geistlichkeit, sodann den der Prinzen, die Salbungen des Königs usw. zu unterstreichen. Wahrscheinlich sind lediglich Auszüge daraus aufgeführt worden.

Wie dem auch sei, man kann sagen, dass abgesehen von einem oder zwei kurzen Fragmenten, die unter dem „Second Empire“ wiederaufgeführt wurden, alle diese Kompositionen – wie im übrigen das gesamte Werk Le Sueurs – in Vergessenheit geraten sind. Damit ist die Bedeutung dieser Aufnahme umrissen, die uns heute ein besseres Verständnis dessen ermöglichen soll, was die französische Kirchenmusik am Vorabend der Romantik ausmachte.

Die vorliegende Platte stellt den beeindruckendsten Teil der drei Werke vor. Die lateinischen Texte, die alle naturgemäß mehr oder weniger im Zusammenhang mit der Krönungszeremonie stehen, wurden von Le Sueur frei zusammengestellt, vor allem in den Hymnen- und Psalmentexten.

Strenggenommen ist jedes einzelne Stück dieser drei Oratorien untereinander austauschbar: Der Komponist hat denn auch sein Werk so konzipiert, dass es zur Krönung „jedwedes Prinzen der Christenheit“ dienen konnte. Als handelte es sich um eine Oper, ist die Musik in religiöse Bilder aufgeteilt, und auch die musikalische Sprache bleibt immer in der Mitte zwischen Theater und Kirche. Wenig Kontrapunkt, beinahe keine Fugen, aber eine immer sehr „vertikale“ und klare Schreibweise.

Le Sueur, ein Mann langjähriger Erfahrung mit großen Kathedralen, vermeidet weitestmöglich die Gefahren einer halligen Raumakustik. So moduliert er sehr wenig, wiederholt die gleichen harmonischen und rhythmischen Formeln, um jede Störung des Raumklanges zu vermeiden. Er verzichtet auf Gesangssolisten, die sich im großen Kirchenschiff nur schlecht durchsetzen könnten und setzt statt ihrer ab und an einen "petit chœur " (zum Beispiel sechs "basses tailles récitantes", also sechs Solo-Bässe) ein.

Auf diese Weise bereitet er die Klangwirkung und Fülle eines Chor- (oder Doppelchor-) Tuttis vor. Diese "Musik aus behauenem Stein", wie sie der Kritiker Choron einmal nannte, ist auf sehr große Ensembles hin angelegt: Voller Streicher- und Holzbläsersatz (inklusive Piccoloflöte), zwei Trompeten, drei Posaunen, Pauke, Becken und große Trommel.

Diese Klanggewalt, die den Glauben nach Art und Weise eines epischen Poeten besingt, schließt jedoch keineswegs sanfte oder liebliche Töne aus. Beim Anhören dieser grandiosen Stücke, die bisweilen von Augenblicken unwiderstehlichen melodischen Reizes umglänzt werden, wird man, vielleicht eher noch als an Berlioz, den Lieblingsschüler Le Sueurs, an Gounod, ebenfalls sein Schüler, denken.

Übersetzung: Arno Jochem

 

Die drei Oratorien sind zur Krönung herrschender Fürsten der gesamten Christenheit geschrieben worden. Zur Krönung des Kaisers Napoleon und zur Salbung Karls X. wurden sie mit 400 Sängern und 300 Instrumentailsten aufgeführt. Einschließlich der Messe haben die Zeremonien sich jeweils über etwa fünf Stunden erstreckt.