CD 14 Rossini Stabat Mater

CD 14 GIOACCHINO ROSSINI (1792-1868) STABAT MATER

GIOACCHINO ROSSINI (1792-1868)

STABAT MATER

per Soli, Coro ed Orchestro

 

1 Introduzione (Soli e coro) - Stabat Mater 6‘52

2 Aria (tenor) - Cujus animam 5’15

3 Duetto (soprano e mezzosoprano) - Quis est homo 7’06

4 Aria (basso) - Pro peccatis suae gentis 3’53

5 Coro e recitativo a sole voci - Eja, Mater fons amoris 4’14

6 Quartetto - Sancta Mater 7’19

7 Cavatina (mezzosoprano) - Fac ut portem 4’35

8 Aria e coro (soprano) - Inflammatus 4’13

9 Quartetto - Quando corpus morietur 4’45

10 Finale (Soli e coro) – Amen 5’09

 

Besetzung:

IRIDE MARTINEZ – Soprano

SARA MINGARDO – Mezzo-soprono

CHARLES CASTRONOVO – Tenor

JOHN RELYEA – Basso

CHORUS MUSICUS

DAS NEUE ORCHESTER

CHRISTOPH SPERING

 

CHRISTOPH SPERING gilt mit den von ihm gegründeten Ensembles CHORUS MUSICUS und DAS NEUE ORCHESTER als Originalklang-Spezialist. Seine innovativen Interpretationen von Schubert und Mendelssohn und die Wiederentdeckung unbekannter Werke großer Meister öffneten ihm die Türen zu den größten Konzerthallen und renommiertesten Festivals der ganzen Welt, wo er seitdem gleichermaßen in den Genres Oratorium, Oper und Orchestermusik agiert.

Diese Aufnahme des Stabat Mater von Rossini ist die vierte in einer den Oratorien der Klassik und der Romantik gewidmeten Reihe für die Heilige Woche. Diese Serie begann mit Mendelssohns Arrangement von Bachs Matthäuspassion, gefolgt von Beethovens Christus am Ölberge und Haydns Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze.

VON DER KIRCHE INS THEATER Wenn es einen Komponisten gibt, der immer wieder neu zu entdecken ist und der sich trotzdem heute noch unter dem Joch von Klischees und vorgefassten Meinungen beugt, dann sicher Gioachino Rossini. Er brachte während eines großen Teiles des 19. Jahrhunderts ganz Europa zum Singen und doch wissen wir immer noch nicht genau, woran wir bei ihm sind.

Aber verschonen Sie mich um Himmelswillen mit dem lächerlichen Bild des lebenslustigen und faulen Genießers und wenden wir uns dem Musiker zu, der wahrlich noch mehr zu bieten hat als den beträchtlichen und dauernden Erfolg seines Barbier von Sevilla.

Zum Unverständnis des Publikums – das ihn vergötterte – hüllte er sich nach dem am 3. August 1829 nur mit mäßiger Begeisterung aufgenommenen Wilhelm Tell in Schweigen. Das Idol Europas, das auf Wunsch Charles X. seit 1824 in der französischen Metropole wirkte, entschied sich also für die Stille, oder jedenfalls gegen das Komponieren weiterer Opern.

Plagten gesundheitliche Probleme diesen Bonvivant, den man sich nur schwerlich depressiv vorstellen kann? Oder hatte der Fall des Souverän 1830 politische Hürden hervorgebracht? Weigerte er sich, sich dem Geschmack eines neuen Publikums zu beugen, das plötzlich dem vokalen Hedonismus und dem Kult der absoluten Schönheit die würzigeren Freuden des Dramas vorzog?

Das sind alles Hypothesen, von denen die letzte noch am wahrscheinlichsten ist. Sicher ist hingegen, dass Rückzug für Rossini nicht gleichbedeutend mit Müßiggang ist. Eine große Zahl von Melodien und Klavierstücken entstanden zu dieser Zeit, von denen die meisten in den Petits Pêchés de ma vieillesse (Kleine Sünden meines Alters) zusammengefasst sind und die unter einer lieblichen Aufmachung die gewagtesten Neuerungen bergen.

Nicht zu vergessen sind zwei Sakralwerke von höchster Qualität: die Petite Messe solennelle und das Stabat Mater. Aus purer Freude an einem weiteren Paradox und um den gewöhnlichen Musikliebhaber einmal mehr aus dem Konzept zu bringen, wurde keines der beiden Werke in einem offiziellen Rahmen uraufgeführt: Das erste war für die private Kapelle des Bankiers Pillet-Will bestimmt und das zweite erklang zum ersten Mal im Théâtre Italien am 7. Januar 1842.

Während der ganzen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließ das Théâtre Italien über Paris die Herrlichkeit der transalpinen Musik und der größten damaligen Sängerinnen und Sänger erstrahlen. Die Uraufführung des Stabat Mater war übrigens einem einzigartigen Quartett anvertraut: Es vereinigte die Sopranistin Giulia Grisi – die erste Adalgisa in Norma und ebenfalls die erste Elvira in I Puritani, zwei Meisterwerke Bellinis –, Emma Albertazzi, zweiter Sopran, den Tenor Giovanni Mario – Gefährte der Grisi, der 1843 den ersten Ernesto im Don Pasquale von Donizetti zur Seite der Grisi als Norina sang – und schließlich den Bariton Antonio Tamburini – für seine Interpretationen von Bellini und Donizetti berühmt, und der ebenfalls unter den ersten Besetzungen der Puritani und des Don Pasquale war; in anderen Worten, die Crème de la crème des zeitgenössischen Belcanto.

Was den Weg betrifft, der Rossini schließlich zur Schaffung seines Stabat führt, so gleicht er einer Hindernisbahn. Im Februar 1831 begibt sich der Komponist auf Einladung eines befreundeten Bankiers, Alexandre-Marie Aguado nach Madrid. Der Staatsrat und Geistliche Manuel Francisco Fernandez Varela, ein Bewunderer Rossinis, drängt ihn, den Text Stabat Mater dolorosa in Musik zu setzen. Eine goldene, mit Diamanten besetzte Tabakdose erhält Rossini als Lohn für das Manuskript (das Autograph trägt das Datum vorn 26. März 1832), das er im Besitz von Varela zu verbleiben wünscht und das zudem nicht publiziert werden soll.

Bei der Uraufführung am Karfreitag 1833 in der Kapelle San Felipe el Real de Madrid weiß der Auftraggeber nicht, dass sich der Maestro aus Krankheitsgründen bei der Komposition vom Dirigenten und Chorleiter des Théâtre Italien, Giovanni Tadolini hat helfen lassen. Nach dem Tod Varelas verkaufen seine Erben die Partitur, die 1841 beim Verleger Antonin Aulagnier wiedergefunden wird.

Rossini weigert sich nach wie vor, das Werk zu publizieren. Er gibt zu, nur sechs Nummern davon selbst komponiert zu haben, äußert aber, dass sich die fehlenden Sätze – von seiner Hand ergänzt – in seinem Besitz befinden. Im selben Jahr 1841 unterschreibt er einen Vertrag mit Troupenas für diese definitive und einzige von ihm akzeptierte Version. Aulagnier verklagt ihn... vergeblich.

Im Oktober 1841 werden Auszüge daraus im Rahmen einer privaten Soiree beim Pianisten Pierre-Joseph Guillaum Zimmermann gespielt. Am 31. Oktober findet ein weiteres Konzert bei Henri Herz statt; eine junge Sängerin, Pauline Viardot, wirkt darin mit. Es folgt schließlich die offizielle Uraufführung im Théâtre Italien und damit die Eröffnung einer Kontroverse, die heute noch jede Menge Tinte fließen lässt: Sakralmusik oder Theatermusik?

Zweifellos zeugen das martialische Cujus animan des Tenors, das Fac ut portem des zweiten Soprans oder das Inflammatus des ersten Soprans von der Sprache und dem Pathos der Oper. Die Chorpartien beweisen jedoch Rossinis Verbundenheit mit der Wiener Klassik, insbesondere Haydn, dessen Partituren er als junger Musiker aus Vergnügen zu kopieren pflegte.

Wichtig ist jedoch, dass mit diesem Stabat Mater, das nicht für die Kirche bestimmt ist, Rossini sich selber treu bleibt: verführerisch und nicht einzuordnen. Die Uraufführung dieser zweiten Version war ein Triumph. Donizetti beschreibt sie wie folgt: "Die Begeisterung ist unmöglich zu beschreiben.

Nach der Generalprobe, im Beisein Rossinis, wurde er unter Jubel von mehr als 500 Menschen heimgeleitet. Dasselbe Schauspiel nach der Premiere unter seinem Fenster, obwohl er gar nicht zu Hause war". Die Vertreter des französischen Klerus zeigten sich dennoch reserviert.

Jenseits des Rheins bemühte sich Heine, dem Werk gerecht zu werden, indem er es in den Zusammenhang der italienischen Kirchenmusik stellte und seine direkte Inbrunst und inneren Reichtum rühmte. Wagner aber ließ seinem Spott und seiner Verachtung freien Lauf – Rossini ist fromm, jedermann ist fromm und die Pariser Salons wurden zu Hauskapellen.

Rossini hatte aber mit einer koketten Selbstkritik an die Adresse von Hanslick diese Verurteilung vorweggenommen: "Das ist keine Kirchenmusik für euch Deutschen, auch meine heiligste Musik bleibt immer nur semi-seria (halb-ernst)".

Übersetzung: Corinne E. loli