CD 11 Joseph Haydn Die sieben letzten Worte
CD 11 JOSEPH HAYDN (1732-1809)
Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze

CD 12 HAYDN Die sieben letzten Worte

CD 12 JOSEPH HAYDN (1732-1809) Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze

JOSEPH HAYDN (1732-1809)

Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze

1 Introduzione 04:22

2 No. 1: Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun 06:55

3 No. 2: Fürwahr, ich sag es dir: Heute wirst Du bei mir im Paradiese sein 05:18

4 No. 3: Frau, hier siehe deinen Sohn, und du, siehe deine Mutter! 05:57

5 No. 4: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? 08:09

6 Introduzione 04:21

7 No. 5: Jesus rufet: Ach mich dürstet! 04:34

8 No. 6: Es ist vollbracht 04:59

9 No. 7: Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist 06:17

10 Il Terremonto (Das Erdbeben): Er ist nicht mehr 01:44

Besetzung

Ann-Christine Larsson, Sopran

Martina Borst, Alt

Frieder Lang, Tenor;

Peter Lika, Bass

 

Chorus Musicus Köln

Das Neue Orchester

Leitung: Christoph Spering

 

Im Jahr 1785 erhielt Haydn einen nicht alltäglichen Auftrag: Für den Karfreitagsgottesdienst in der Kirche Santa Cueva in Cadiz erbat man sich eine Andachtsmusik über Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze. Es sollte freilich nicht das sonst übliche, kontemplative Vokalwerk sein, wie es schon von Komponisten wie etwa Heinrich Schütz überliefert ist.

Von Haydn, der seinen Ruhm den instrumentalen Gattungen Sinfonie und Streichquartett verdankte – seine Opern hingegen waren nur wenig verbreitet, seine späten, großen Messen und die berühmten Oratorien Die Jahreszeiten und Die Schöpfung noch gar nicht komponiert –, verlangte man Instrumentalmusik: Eine Art musikalischer Kommentar zum von der Kanzel verkündeten Text.

In dem der Ausgabe der Vokalfassung 1801 vorangestellten Vorbericht erinnert sich Haydn an die Gegebenheiten der Aufführung: „Nach einem zweckmäßigen Vorspiele bestieg der Bischof die Kanzel, sprach eines der sieben Worte aus, und stellte eine Betrachtung darüber an. So wie sie geendiget war, stieg er von der Kanzel herab, und fiel kieend vor dem Altar nieder. Diese Pause wurde von der Musik ausgefüllt.“

Haydn war sich der Imponderabilien dieses Auftrags wohl bewusst: „Die Aufgabe, sieben Adagio's, wovon jedes gegen zehn Minuten dauern sollte, aufeinander folgen zu lassen, ohne den Zuhörer zu ermüden, war keine von den leichtesten.“ Mit Bedacht wählte Haydn für alle Sätze die von ihm so meisterlich beherrschte Sonatensatzform, die von der Spannung zwischen Haupt- und Nebenthema lebt und die mit Durchführung und Reprise – von Haydn keineswegs als schematische Wiederholung behandelt – den größten Raum für die kompositorische Phantasie bot.

Der planvolle Wechsel zwischen Dur und Moll und die Hervorhebung der Sätze I, IV und VII, in denen sich Jesus direkt an Gott wendet, durch den ¾-Takt tragen das Ihre zur Farbigkeit des Gesamtwerks bei. Mit Ausnahme des abschließenden II terremoto – ein Presto mit dem für Haydn ganz und gar unüblichen Zusatz con tutto la forza – hat sich Haydn dabei keiner „malenden" Musik bedient, die den Wortinhalt programmatisch abbildet; seine Komposition leuchtet vielmehr Stimmungsgehalt und Empfindungen in feiner Nuancierung aus.

In dieser Form wurde die Aufführung der Sieben Worte in Cadiz noch auf Jahre hinaus wiederholt. Bereits 1787 erschienen in Wien nicht nur die Orchesterstimmen und ein Klavierauszug im Druck, sondern auch eine von Haydn erstellte Fassung für Streichquartett. Eine Bearbeitung als Oratorium, die doch eigentlich nahe lag, zog Haydn dagegen zunächst nicht in Betracht.

Die Anregung dazu erhielt er 1795 auf der Rückreise von London: In Passau hörte der Komponist sein Werk in einer Vokalbearbeitung des dortigen Domkapellmeisters Joseph Friebert, der vermutlich auch den Text selbst beigesteuert hat. Das Arrangement beeindruckte Haydn zwar immerhin so sehr, dass er sich von Friebert eine Stimmenkopie erbat, doch er meinte, „die Singstimmen hätte ich besser behandeln können“.

Zurück in Eszterháza wies Haydn seinen Kopisten Johann Elßler an, die bereits vorhandenen Instrumentalparts (nach dem gedruckten Orchestermaterial) in eine neue Partitur zu übertragen, in der Haydn dann die noch fehlenden Stimmen ergänzte. Während die Introduktion unverändert blieb und deshalb die ursprüngliche Instrumentierung widerspiegelt, plante der Komponist für die übrigen Teile von vorneherein eine größere Besetzung ein: Elßler ließ nicht nur Systeme für die Singstimmen frei – jede Stimme beansprucht nur ein System, da sich Soli und Tutti stets abwechseln –, sondern auch für zusätzliche Flöten-, Klarinetten- und Posaunenstimmen.

Die Singstimmen passte der Komponist dabei nur soweit den vorgegebenen Themen und Motiven an, als es Textbetonung und Phrasierung erforderten, so dass die Formulierung „begleitende Singstimmen“, die der Haydn-Schüler Neukomm prägte, in der Tat zutrifft.

Den Text übernahm Haydn aus der Friebertschen Fassung, ließ ihn allerdings von Baron van Swieten, dem späteren Textdichter von Schöpfung und Jahreszeiten, mit Blick auf eine bessere Anpassung an musikalische Details überarbeiten. Es handelt sich um religiöse Andachtstexte, deren Sprachduktus von Kirchenliedern ebenso beeinflusst ist wie von Gellerts Oden und Ramlers Dichtung Das Leben Jesu, aus der van Swieten, von der Vorlage abweichend, auch den Text für den Schlusschor entlehnte.

Um dem biblischen Wortlaut, der ja nun nicht mehr von einem Geistlichen verkündet wurde, Geltung zu verschaffen, stellte Haydn die Worte in archaisierender, vierstimmiger Rezitation den einzelnen Sätzen voran. Vor den V. Satz, in dem das Bibelwort vom Solo-Tenor unverfälscht vorgetragen wird, rückt an die Stelle der Rezitation ein neu komponiertes Instrumentalstück für Bläser, das die Vokalfassung der Sieben Worte in zwei Teile gliedert und damit der Oratorienform annähert. Die formale Funktion des Stücks lässt seine Bezeichnung als Introduzione gerechtfertigt erscheinen, doch ist seine Wirkung eher die eines rückwärtsgewandten Kommentars: Trotz der reichen Bläserbesetzung – einschließlich des von Haydn hier erstmals eingesetzten Kontrafagotts – ist die Musik in ein fahles, kaltes Klangbild getaucht, das vielleicht mehr als alle Worte die Trostlosigkeit des gerade verklungenen „Mein Gott, warum hast du mich verlassen“ auszudrücken vermag.

Der Rezensent der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung jedenfalls zählte diese zweite Introduktion „unter das Vollendetste, was Haydn je geschaffen hat“. Ihre Uraufführung erlebte die Vokalfassung der Sieben Worte am 26. März 1796 in eher privatem Rahmen im Hause des Fürsten Schwarzenberg. Zwei Jahre später, am 1. April 1798, folgte die erste öffentliche Aufführung in Anwesenheit des Kaisers und seiner Familie im Burgtheater.

Bei dieser Akademie der Wiener Tonkünstlersozietät, die einen 150 Mitglieder starken Chor aufbot, dirigierte der Komponist selbst, der „mit dreimaligem Klatschen empfangen und so auch am Ende begleitet“ wurde. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein, zumal nach der Veröffentlichung der Partitur bei Breitkopf & Härtel 1801, wurden die Sieben Worte im gesamten deutschsprachigen Raum aufgeführt.

Haydn selbst hielt das Werk für eines seiner gelungensten, und sein Publikum stimmte offenbar mit ihm überein. Nach einer Aufführung im Jahr 1802 notierte ein unbekannter Zeitgenosse in einem Brief. „Da Sie wissen, welchen Effekt diese wunderbare Musik schon hervorgerufen hat, als sie nur mit Instrumenten ausgeführt wurde, müssen Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass die Musik durch die Worte sehr an einer gewissen Stärke des Ausdrucks gewonnen hat. Ich erzähle Ihnen davon, um Ihr musikalisches Herz doppelt schwer zu machen, dass Sie nicht anwesend waren.“

SILKE SCHLOEN

 

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