CD 10 FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY (1809-1847) Paulus

CD 10 FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY (1809-1847) Paulus Oratorium, op. 111

FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY (1809-1847)

Paulus Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift

Libretto von Julius Schubring und Felix Mendelssohn-Bartholdy (unter Beihilfe von Julius Fürst)

Nr. CD 1, Erster Teil

1 Ouverture 06:22 2

2 Chor: Herr, der Du bist der Gott 04:33 3

3 Choral: Allein Gott in der Höh' sei Ehr' 01:53 4

4 Rezitativ, Sopran: Die Menge der Gläubigen Bässe I und II (Die falschen Zeugen): Wir haben ihn gehört Sopran: Und bewegten das Volk 02:04 5

5 Chor (Das Volk): Dieser Mensch hört nicht auf 03:27 6

6 Rezitativ, Sopran: Und sie sahen auf ihn alle Tenor (Stephanus): Liebe Brüder und Väter Chor (Das Volk): Weg mit dem! Er lästert Gott Tenor (Stephanus): Siehe, ich sehe den Himmel offen 04:37 7

7 Arie, Sopran: Jerusalem, die du tötest die Propheten 03:26 8

8 Rezitativ, Tenor: Sie aber stürmten auf ihn ein Chor (Das Volk): Steiniget ihn! 01:55 9

9 Rezitativ, Tenor: Und sie steinigten ihn Choral: Dir, Herr, dir will ich mich ergeben 02:59 10

10 Rezitativ, Sopran: Und die Zeugen legten 00:55 11

11 Chor: Siehe! Wir preisen selig, die erduldet 04:36 12

12 Rezitativ, Tenor: Saulus aber zerstörte die Gemeinde Arie, Bass (Saulus): Vertilge sie, Herr Zebaoth 02:21 13

13 Rezitativ, Alt: Und zog mit einer Schar Arioso, Alt: Doch der Herr vergisst der Seinen nicht 02:43 14

14 Rezitativ, Tenor: Und als er auf dem Wege war Chor (Sopran/Alt), Tenor und Bass: Saul! Saul! was verfolgst du mich? 02:37 15

15 Chor: Mache dich auf 05:12 16

16 Choral: "Wachet auf!", ruft die Stimme 02:27 17

17 Rezitativ, Tenor: Die Männer aber 01:30 18

18 Arie, Bass (Saulus/Paulus): Gott, sei mir gnädig 06:19 19

19 Rezitativ, Tenor: Es war ein Jünger Sopran: Ananias, stehe auf! 01:40 20

20 Arie, Bass (Paulus) mit Chor: Ich danke dir, Herr mein Gott 05:10 21

21 Rezitativ, Sopran: Und Ananias ging hin Tenor (Ananias): Lieber Bruder Saul 01:49 22

22 Chor: O welch' eine Tiefe 05:48

Besetzung

Isolde Isokoski, Sopran

Mechthild Georg, Mezzo-Sopran

Rainer Trost, Tenor

Peter Lika, Bass

Bernhard Hüsgen, Bass II (Zeuge)

Chorus Musicus Köln

Das Neue Orchester

Leitung: Christoph Spering

 CD 2, Zweiter Teil 

 23 Chor: Der Erdkreis ist nun des Herrn 04:42

24 Rezitativ, Sopran: Und Paulus kam zu der Gemeinde 01:01 3

25 Duettino, Tenor und Bass: So sind wir nun Botschafter 02:01 4

26 Chor: Wie lieblich sind die Boten 03:14 5

27 Rezitativ, Sopran: Und wie sie ausgesandt von dem Heil'gen Geist Arioso, Sopran: Lasst uns singen von der Gnade 02:23 6

28 Rezitativ, Tenor: Da aber die Juden das Volk sah'n Chor (Das Volk): So spricht der Herr 01:23 7

29 Chor (Das Volk): Ist das nicht Choral (Soli): O Jesu Christe wahres Licht 05:32 8

30 Rezitativ, Tenor: Paulus aber und Barnabas Bass (Paulus): Euch musste zuerst das Wort Gottes 00:50 9

31 Duetto, Bass und Tenor: Denn also hat uns der Herr geboten 02:54 10

32 Rezitativ, Sopran: Und es war ein Mann zu Lystra 01:04 11

33 Chor (Die Heiden): Die Götter sind den Menschen gleich geworden 01:17 12

34 Rezitativ, Sopran: Und nannten Barnabas Jupiter 00:30 13

35 Chor (Die Heiden): Seid uns gnädig, hohe Götter! 02:39 14

36 Rezitativ (Tenor): Da das die Apostel hörten Arie, Bass (Paulus): Wisset ihr nicht Chor: Aber unser Gott ist im Himmel 08:20 15

37 Rezitativ, Sopran: Da ward das Volk erreget wider sie 00:14 16

38 Chor (Die Juden und die Heiden): Hier ist des Herren Tempel! 01:51 17

39 Rezitativ, Sopran: Und sie alle verfolgten Paulus 00:34 18

40 Kavatine, Tenor: Sei getreu bis in den Tod 03:28 19

41 Rezitativ, Sopran: Paulus sandte hin Bass (Paulus): Ihr wisset, wie ich allezeit bei euch gewesen 01:39 20

42 Chor (Soli/Tutti: Die Gemeinde): Schone doch deiner selbst! Rezitativ, Bass (Paulus): Was machet ihr 03:34 21

43 Chor: Sehet, welch' eine Liebe 03:05 22

44 Rezitativ, Sopran: Und wenn er gleich 01:05 23

45 Schlusschor: Nicht aber ihm allein, sondern allen 03:57

Besetzung

Isolde Isokoski, Sopran

Mechthild Georg, Mezzo-Sopran

Rainer Trost, Tenor

Peter Lika, Bass

Bernhard Hüsgen, Bass II (Zeuge)

Chorus Musicus Köln

Das Neue Orchester

Leitung: Christoph Spering

 

 Zu dieser Einspielung

»Die ganze Zeit, dass ich hier bin, habe ich noch an dem Paulus gearbeitet, weil ich ihn nun einmal so vollkommen wie möglich herausgeben will, auch weiß ich bestimmt, dass der Anfang des ersten und das Ende des zweiten Teils ungefähr dreimal so gut geworden sind […]. Nun arbeite ich aber schon etwas mehr als zwei Jahre an dem einen Oratorium, das ist allerdings sehr lange, und freue mich nun auf den Moment, wo ich auch mit den Druckkorrekturen fertig sein werde und was anderes anfangen kann.«

Felix Mendelssohn Bartholdy an seine Schwester Rebecka

Erst im Februar 1837, also ein Dreivierteljahr nach der Uraufführung, veröffentlichte Mendelssohn die Erstdruckausgabe seines Paulus. Zuvor hatte er eine Reihe von Änderungen in der Partitur vorgenommen, um sein erstes Oratorium in zahlreichen Details zu verbessern. Es versteht sich für mich von selbst, dass eine Neueinspielung des Werkes diese sorgfältige Ausarbeitung auch wirklich hörbar machen muss.

Das erfordert zunächst die Verwendung des zeitgenössischen Instrumentariums, um die nötige Klangbalance zu gewährleisten: historische Blasinstrumente (darunter nicht nur der seit langer Zeit aus dem Orchester verdrängte Serpent, sondern auch Naturhörner und -trompeten) sowie darmbesaitete Streicher, die auch schon in den 1830er Jahren mit dem heute üblichen Tourte-Bogen gespielt wurden. Aus einem Brief, den Mendelssohn 1840 an den Schweriner Chordirektor Julius Stock richtete, kennen wir auch seine Vorstellungen von der Platzierung der Musiker im Paulus.

Danach sollen erste und zweite Geigen einander gegenübergestellt werden und sich die Sopran- und Altstimmen des Chores entsprechend auf die beiden Seiten des Orchesters verteilen; die Bässe bilden das Zentrum des Ensembles. Wie viele andere von Mendelssohn persönlich herausgegebene Werke ist auch der Paulus mit metronomisierten Tempoangaben versehen.

Folgt man diesen Angaben, entstehen ausgeklügelte Relationen zwischen Chören dramatischer Wucht, epischen Ariosi und langsamen, betrachtenden Chorälen, die durch deklamatorische, aber im Mendelssohnschen Metrum und nicht in freier Rhythmik auszuführende Rezitative verbunden sind.

Richtet man sich ferner nach den geradezu typisierend differenzierten Artikulationsangaben in den Vokal- und Instrumentalstimmen, offenbart sich jene zunächst einmal ungewohnte Architektur, mit der Mendelssohn die innere Dramaturgie seines Oratoriums rein musikalisch konstituiert. Demgegenüber vermeidet er es, die Solostimmen auf eine einzige Rolle festzulegen. So ist die Partie des ersten Zeugen aus der ersten Stephanus-Szene durch den «Basso 1mo solo« auszuführen.

Dass Mendelssohn damit den Sänger der Paulus-Worte meinte, beweist ein Brief im Vorfeld der Erstaufführung, in dem er von einem «Hauptsolo« und einem «zweiten, sehr kurzen« als den beiden solistischen Basspartien seines Oratoriums spricht. Ebenso wirkt der neutralere Charakter der bald vom Sopran, bald vom Tenor vorgetragenen Rezitative einer äußeren Dramaturgie entgegen. Mit dem Choralsatz »Wachet auf, ruft uns die Stimme« gibt uns Mendelssohn einen Hinweis auf die Ausführung der Fermaten, die an den Zeilenenden der Choralsätze stehen.

An den Stellen, die in diesem Satz mit einer bewegten Instrumentalüberleitung ver- 4 sehen sind (und nur an diesen Stellen), verzichtet Mendelssohn auf die Fermaten im Vokalsatz und verlängert stattdessen die Schlussakkorde um einen halben Takt. Entsprechend deuten wir alle Choralfermaten des Paulus im Sinne einer Verlängerung um zwei Grundschläge und bleiben so im Rahmen des Taktmetrums.

Wenn wir uns auch in unserer Interpretation nach der Erstausgabe des Paulus richten, so doch mit einer Ausnahme: wir benutzen die Orgelstimme, die Mendelssohn 1838 für eine Aufführung im Leipziger Gewandhaus anfertigte. Hier hat er die Angaben gegenüber der eher pauschalen Orgelverwendung in der Partitur wesentlich differenziert und damit drei orchestrale Klangabstufungen geschaffen: die 8-Fuß-Basis der Violoncelli in manchen Rezitativen, den gewohnten Orchesterklang auf der 16-Fuß-Grundlage der Kontrabässe, und das Tutti über dem nochmals eine Oktave tiefer klingenden 32-FußRegister der Orgel, die die betreffenden Passagen mit gewichtigen Akzenten versieht.

Wir sind bestrebt, all diesen kompositorischen Details die nötige Beachtung zu schenken. Nur auf diese Weise ist es meiner Meinung nach möglich, jener ausgefeilten Verbindung von klassischer Vokalität und symphonischer Orchesterbehandlung, die Mendelssohns Kompositionsstil so einzigartig prägt, wirklich gerecht zu werden.

CHRISTOPH SPERING